„Es war einmal …“ – im Tierpark

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„Es war einmal und ist nicht mehr, ein ausgestopfter Teddybär“… dieser Gedichtanfang kam mir in den Sinn, als ich über diesen Blogbeitrag nachdachte.

Es war einmal ein Besuch im Tierpark, letztes Jahr im Oktober, damals, als man noch nicht darüber nachdachte, wann man wieder in den Tierpark gehen darf.

In einer Zeit, in der niemand auf die Idee gekommen wäre, dass Tierparks geschlossen werden könnten.

Aber schon damals hatte ich überlegt, ob ich überhaupt in einen Tierpark gehen möchte. Für mich ist das ein zweischneidiges Schwert.

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Auf der einen Seite ist es spannend, Tiere sehen zu können, denen man in der freien Wildbahn nicht so einfach begegnet wäre. Auf der anderen Seite wurde diesen Tieren die Freiheit genommen.

Freiheit ist für mich ein hohes Gut, ob sich jedoch ein Tier hinter einem Drahtzaun oder in einem Käfigen unfrei fühlt, vermag ich nicht zu beurteilen.

 

Ob Sicherheit vor Fressfeinden und immer ausreichend Nahrung den Minikosmos Gehege wett machen?

Empfinden diese Tiere unsere „artgerechte“ Lebensraumgestaltung auch als artgerecht? Mir fällt es schwer, das zu glauben.

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Diese Augen!

„Tiere in Zoo oder Tierpark sind Botschafter ihrer Art“, wird oft als Argument pro solcher Einrichtungen angeführt. Um denen, die noch in Freiheit leben und deren Lebensraum immer mehr beschnitten wird, eine Lobby zu geben.

Können Besuche im Tierpark und auch die schönen Fotos, die man dort so verhältnismäßig einfach machen kann, wirklich dabei helfen? Ich weiss es nicht.

Genauso zwiespältig ist mein Verhältnis zur Falknerei. Auch hier stehen sich die gleichen Argumente gegenüber, doch es treiben mich auch die gleichen Zweifel um.

So einen abgerichteten Seeadler kurz über dem eigenen Kopf hinwegfliegen zu sehen, ist schon ein Erlebnis.

Einen freien Seeadler in der freien Natur hoch oben in den Lüften kreisen zu sehen, ist für mich jedoch weitaus ergreifender.

Ich habe gerade letztens einen gesehen und es war ergreifend! Gänsehaut inbegriffen.

Aber es ist wie es ist, ich war im Wildpark Eekholt und habe diese Fotos gemacht.

Wenn die Bilder nun helfen sollten, den Wölfe einen Lebensraum zuzugestehen, den Eulen alte hohle Bäume zur Brut zu erhalten oder den heimischen Wildkatzen ein Revier in naturnahen Laubmischwäldern zu überlassen, dann würde mich das sehr glücklich machen.

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So schön – der Wolf!

Mit „Er aß die Milch, er trank das Brot, und als er starb da war er tot…“ (Quelle ist mir unbekannt) geht das Kurzmärchen vom ausgestopften Teddybär zu Ende.

Da weiss man nicht so recht, ob man Lachen oder Weinen soll. Bei einem Tierpark-Besuch geht es mir ähnlich.

Watt & Meer Blog-Kalender – November 2019

November, der graue Nebelmonat. Der Monat der Schwermut, der dunklen, kurzen Tage, kalt, windig und trüb. Man mag ihn nicht, den November. Der Herbst ist vorbei, die Weihnachtszeit hat noch nicht angefangen. Dabei kann man dem November durchaus etwas Positives abgewinnen.

In den letzten Jahren habe ich schon öfter seine schönen Seiten einfangen können. In der Novemberglück-Blogparade immer noch bunt und beim Sundown zur Kaffeezeit oder auf dem Weg von Nordstrand nach Südfall.

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Sonnenaufgang am Großen Segeberger See

Und auch der Sonnenaufgang am Großen Segeberger See hat an einem nebligen Novembertag seinen ganz besonderen Charme.

 

Den Wald entdeckt – für Ruhe und Geborgenheit

Ist es Euch aufgefallen? Es ist ruhig geworden auf meinem Blog. Das hat verschiedene Gründe. Es gibt so Zeiten im Leben, in denen man seinen Aufgaben hinterher hetzt und das Wesentliche aus den Augen verliert.

In denen man um seine Befindlichkeiten kreist und trotzdem nicht sieht, was falsch läuft. Zeiten, in denen man Ruhe braucht, sie aber nicht finden kann. Den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.

Da hilft nur eine echte Auszeit, da braucht es mehr als einen Spaziergang am Meer. Und so eine Auszeit habe ich mir gegönnt. Ich habe „gekurt“. In Bad Segeberg. Das hört sich jetzt erstmal nicht besonders spektakulär an.

Was gibt es schon in Bad Segeberg? Vor allem den Großen Segeberger See, der wunderschön von Wald umgeben ist. Ein Landschaft, so ganz anders als die Weite, die ich von der Nordsee kenne.

Bei meinen vielen Spaziergängen am See habe ich immer wieder darüber nachgedacht, warum mir der Wald so gut tut.

Jetzt las ich bei Maren auf Ihrem Blog „Von Orten und Menschen“, der mich schon öfter erhellend inspirierte, Ihre Liebeserklärung an den Wald, und plötzlich wusste ich es.

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Ohne weiter nachzudenken schrieb sich mein Kommentar bei Maren wie von selbst:

„Auch ich habe gerade den herbstlichen Wald für mich entdeckt. So wie Strand und Meer mir die Sinne öffnen und mich Freiheit atmen lassen, so nimmt der Wald mich mit in meine Seele und spendet Ruhe und Geborgenheit.“

Wow, da stand es nun, ich war selbst überrascht.

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Habt Ihr schon mal einen Baum berührt, eure Hände an seinen Stamm gelegt und die raue Rinde gespürt? Dabei hoch in seine Krone geschaut und die Kraft, Erhabenheit und Beständigkeit, die von so einem alten, schlanken Riesen ausgeht, gefühlt?

Es war, als würde etwas von seiner Energie in mich übergehen. Eine tiefe Dankbarkeit durchströmte mich.

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Wald erdet. Er lässt Deine Gedanken nicht fliegen, so wie das Meere, er führt Dich zu Dir selbst und zeigt Dir auf sehr eindrucksvolle Weise, was wirklich wichtig ist.

Das hohe, schützende Dach der Baumkronen gibt den Mut, über Dinge nachzudenken, die man im fordernden Alltag lieber beiseite schiebt.

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Die ganz eigene Stille eines Waldweges, das leise Rascheln von Laub und das sanfte Plätschern des Sees, gibt die innere Ruhe für bedachtes, wohlwollendes Betrachten der eigenen Gedanken.

Nirgendwo kann man besser Frieden schliessen mit seinen Sorgen und Ängsten als allein auf einem einsamen Waldweg. Was bleibt ist wieder dieses Gefühl der Dankbarkeit. Dankbarkeit für jedes kleine und grosse Glück, für das Wunder der Natur und des Lebens.

Aus dieser Dankbarkeit schöpft man Kraft, aus diesem Empfinden schöpfe ich Kraft. Zurück im „richtigen“ Leben habe ich mir fest vorgenommen, öfter mal in den Wald zu gehen.

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Nicht ganz einfach, wenn man in Dithmarschen wohnt, dem wohl wald-ärmsten Kreis des wald-ärmsten Bundeslandes. Wer hat einen Tipp für mich?

Watt & Meer Blog-Kalender – Oktober 2019

Im Wald zeigt sich der Herbst von einer besonders schönen Seite. Buntes Herbstlaub leuchtet in der Sonne, auf den Wegen rascheln die schon heruntergefallenen Blätter bei jedem Schritt, die feuchte Luft riecht erdig und ein wenig nach Pilzen.

Die tief stehende Sonne wirft lange, helle Strahlen durch die fast kahlen Äste.

Oktober

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Waldweg – Grosser Segeberger See

Auch wenn unser Oktober recht trüb, nass und windig startete, jetzt auf den letzten Metern zeigte er sich von seiner goldenen Seite. Es gibt kaum eine schönere Jahreszeit für einen ausgiebigen Spaziergang im Wald am See.

Fördesteig, die Vierte – von Norgaardholz bis Gelting Mole

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Wetter kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen, den Urlaub schon eher, aber meist nicht so punktgenau, dass die freie Zeit auf Sonne trifft. Wenn man dann noch Ferienwohnungen betreut, dann wir das Sonnen-Fenster noch kleiner.

Ende Juli trafen 4 Urlaubstage auf keinen Bettenwechsel und ich buchte mehr oder weniger spontan ein Hotel an der Ostsee, um einen weiteres Stück des Fördesteigs (hier die ersten Etappen) zu erkunden.

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Absolute Alleinlage mit direktem Osstseeblick von der Zimmer-Dachterasse (ich liebe Dachterassen!!) aus. Ein Traum mit sonnigen Abschnitten. Aber auch Gewitterschauern und dunklem Himmel.

Aber Stefanie von Indernaehebleiben schrieb mal über den norddeutschen Sommer, dass ein Sommerregen dazu gehört. Also, beste Voraussetzungen.

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Mein Hotel lag in Steinberg Haff, so ungefähr mittig in dem Fördesteig-Abschnitt Norgaardholz bis Gelting Mole. Eine Ostsseeregion, die vom Tourismus ein wenig vergessen wurde. So traf ich auf herrlich leere Strände.

Aber auch auf fehlende Infrastruktur zum Beispiel in Form einer Buslinie, die mich nach einer Wanderung am Strand wieder zurück zu meinem Ausgangspunkt hätte bringen können. So bin ich eben alle Teilstücke zweimal gelaufen.

Man nennt es wohl Naturstrand, was die Ostsee hier bietet. Viele Steine und wenig Sand, nicht wirklich einladend zum Baden, aber wunderbar zum Laufen.

Mal gesäumt von großen Bäumen, die direkt am Wasser wachsen oder tief über den Strand hängen und Schatten (oder auch Schutz vor Regen) spenden.

Die Steine hatten es mir besonder angetan. Als Strandläufer und Sammler gab es viel zu schauen, suchen und finden. Stundenlang kann ich mich dabei verlieren. So stelle ich mir Meditation vor (die ich noch nie wirklich bewusst hinbekommen habe).

Die Gedanken sind ganz im hier und jetzt, immer mal wieder kurz durch die Freude über den nächsten schönen Lochstein (Hühnergott) oder Flint-Stein unterbrochen. Die Ostseeküste dort oben ist ein Paradies für Sammler.

Und wenn die Taschen anfangen schwer zu werden, dann geniesst man den Blick übers dunkle Wasser, zu den Möwen und den dümpelnden kleinen Booten, die zahlreich in knietiefen Wasser an den Bojen liegen.

Hach, muss das schön sein, jetzt so ein Schiffchen sei eigen nennen zu dürfen und auf die See hinaus zu steuern. Ja, auch Zeit zum Träumen findet man an einem einsamen Ostseestrand.

Vom Steinberghaff nach links verläuft der Fördesteig bis kurz vor Haberniss direkt am Strand. Selbst bei sonnigen Abschnitten läuft man hier fast allein. In Norgaardholz erste und einzige Spur von Tourismus: eine „Seebrücke“ aus Baugerüsten. Nicht besonders schön, aber zweckmäßig.

Hier hat der DLRG seine Station, unterhält ein sogenanntes „Strandbad“, das man kostenfrei nutzen kann. Ein Haufen kleiner Knirpse sollte gerade unter Anleitung das Schwimmen lernen. Gleich in die Ostsee, das fand ich mutig.

Von Steinberghaff nach rechts schwingt sich der Fördesteig immer mal wieder kurz ins Hinterland um einen unzugänglichen Strandabschnitt oder die Mündung eines Baches zu umgehen. Klar, man kann auch versuchen über den Rinnsal hinweg zu springen. Weil man es ja besser weiß und auf kein Fall zurücklaufen mag.

Dann holt man sich eben nasse Füsse, Socken und Schuhe, denn die gegenüberliegende Seite ist butterweicher Schlick. Naja, auch das ist nicht so schlimm im Sommer und auf dem Rückweg ist man schlauer.

Etappenziel ist Gelting Mole, einer der zahlreichen Jachthäfen an Förde und Ostsee. Und hier darf wieder geträumt werden. Von Segeln im Wind, von Wellen und schwankenden Bootsplanken, unbekannten Ufern und der ganz großen Freiheit.

Jeder Jachthafen zieht mich in seinen Bann, lässt vergangene Segeltörns an mir vorüberziehen und weckt so eine Sehnsucht, die wohl nur der versteht, der auch schon mal unter Segeln auf dem Meer unterwegs war.

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Abends habe ich den weiteren Verlauf des Fördesteig Richtung Geltinger Bucht per Auto erkundet und Wackerballig (was für ein Name!) als perfekten Startpunkt für die nächste Etappe ins Auge gefasst.

Davon aber später mehr.

Watt & Meer Blog-Kalender – Juni 2019

Es ist Sommer! Wir haben schon wieder die ersten Temperaturrekorde gebrochen. Der 26. war der heißeste Juni-Tag seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Bei uns an der Küste stieg das Thermometer auf hochsommerliche 33 Grad, in Berlin zum Beispiel kletterte die Quecksilbersäule auf glühende 37,5 Grad. Da sucht man Schatten und Abkühlung.

Beneidenswert, wer die Zeit und Gelegenheit hat, solch einen tropischen Tag in einem Strandkorb am Wasser zu verbringen.

Juni

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Badestrand Schweriner See

Mein Juni Kalender-Bild stammt aus dem Archiv, aufgenommen 2008 am Schweriner See. Ich finde, es passt ganz ausgezeichnet zu diesen sommerlichen Juni-Tagen.

Und wer sich schon länger fragt, was ist eigentlich aus meinem Laden „FarbFrisch“ geworden, der kann hier mal schauen: KLICK.

Fast wie Urlaub in Frankreich

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Wir stellen uns jetzt mal vor, wir sind in Frankeich im Urlaub (und nicht auf Dienstreise). Es ist ein herrlich warmer Mittwochabend, ein paar Schleierwolken durchziehen den sonst blauen Abendhimmel, die Temperatur liegt bei angenehmen 22 Grad, ein leichter Wind weht.

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Vor uns liegt ein kleines, weißes Hausboot mit roten Fensterläden an der Pier im Hafen von Nantes (und kein großer, futuristisch wirkender, gläserner Ausflugsdampfer).

Wir werden die nächsten zwei Wochen mit diesem schnuckeligen Boot die Schlösser der Loire und der Erdre erkunden (und nicht mit zahllosen anderen Touristen einen Törn unternehmen, der kaum länger als das Abendessen dauert).

Nach dem Ablegen machen wir es uns auf dem Vordeck gemütlich (und nicht an langen Tischen im vollklimatisierten Bordrestaurant).

Wir breiten eine Decke auf den warmen Holzplanken aus und freuen uns auf unser französisches Picknick mit Wein, Käse und Baguette (zugegeben, grüner Spargel, Fisch und Mango-Creme sind auch in Ordnung).

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Leise gleitet unser Boot die Erdre entlang. Prächtige Herrenhäuser ziehen an uns vorbei, ein paar Kormorane fliegen mit uns, landen in der Bugwelle und tauchen nach Fisch.

Die Sonne versinkt langsam hinter den Bäumen und lässt die Wasseroberfläche leicht glitzern. Unsere Gedanken  verlieren sich in den seichten Wellen (und wir reden nicht über den Job).

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Nach Einbruch der Dunkelheit legen wir an einen wettergegerbten Holzsteg, der von tief hängenden Bäumen halb überwuchert ist, an (und nicht wieder im Hafen von Nantes).

Dort werden wir noch eine Weile die Stille und das leise Plätschern des Flusses genießen (und nicht durch die lauten Straßen der Stadt zurück ins Hotel laufen) um uns anschließend in unseren Kojen sanft in den Schlaf wiegen zu lassen (und nicht schlaflos im Hotelbett zu liegen).

Mit ein wenig Fantasie lässt sich jedem Trip eine schöne Seite abgewinnen und wenn ich mir jetzt die Bilder so anschaue, glaube ich es beinahe selbst: es war fast wie Urlaub in Frankreich.

Kulissenwechsel – von Coronado nach Colorado

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Unter mir erstreckte sich braunes, verdorrtes Steppengras, soweit mein Blick aus dem kleinen Kabinenfenster reichte. Der United Flug aus San Diego setzte zur Landung in Denver an.

Die Fahrt zum Hotel führte mich durch dieses Braun, der graue Himmel hing tief, die Luft war irgendwie dünn (Denver liegt auf 1600 Meter über dem Meeresspiegel) und es nieselt. Krasser konnte ein Kulissenwechsel nicht ausfallen.

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Das Hotel, in dem ich für diese Woche meine Koffer auspacken sollte, lag in einem Hotel-Park, gleich neben einem Restaurant-Park, gleich zwischen zwei breiten Highways.

Die unerschöpfliche Weite der einstigen Prärie am Fuße der Rocky Mountains hatte vermutlich dazu verleitet, einfach da zu bauen, wo gerade Platz war.

Hinter meinem Hotel gab es so ein Stückchen Prärieland und da leben sie noch, die Präriehunde. Putzige kleine Wesen mit dickem Po und dünnem Schwanz, die frech aus Ihrem Bau schauen.

Der Radweg US 36 Bikeway führt dort entlang, die kleinen Männchen haben sich an die vorbeisausenden Räder gewöhnt. Sie blieben völlig unbeeindruckt.

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„Alarm!“

Jogger stören sie auch nicht, Spaziergänger (davon scheint es nicht so viele zu geben) werden schon misstrauischer beobachtet. Bleibt man jedoch stehen, wird Alarmstufe Rot ausgerufen.

Dann ertönt ein aufgeregtes Bellen, alle huschen so schnell wie möglich in ihren Bau, um unvermittelt wieder neugierig über den Rand zu schauen. Der Alarmgeber warnt immer noch ganz aufgeregt, so lange, bis ich endlich weitergehe. Die Lage entspannte sich wieder.

Präriehunde können nur in unberührtem Prärieboden bauen und leben (werden zwar somit nicht zur Plage schicker Vorgärten), aber ihr Lebensraum schrumpft stetig. Ein typisches Ur-Einwohner Schicksal.

Am Fuße der Rocky Mountains liegt auch Boulder, eine hippe Universitätsstadt mit Fußgängerzone, vielen Fußgängern, Straßenmusikern, (Marihuana-Läden) und dem Boulder Book Store (Boulders größter unabhängiger Buchladen). Dort habe ich mich mit Tanja getroffen.

Liebe Tanja, nochmal vielen Dank für die Fotos

Ich kannte Tanja nur von Ihrem Blog Tanja Schimmel – lebt und schreibt am Fusse des Pikes Peak. „Du erkennst mich an einem roten Tuch“, schrieb Sie und ich war sehr gespannt auf unser „Blind Date“.

Es wurde ein total netter Abend im Boulder Dushanbe Teahouse  (das Teehaus ist ein Geschenk Tadschikistans anlässlich einer Städtepartnerschaft zwischen Boulder und der Tadschikistanischen Hauptstadt Duschanbe), der viel zu kurz für all das war, was wir uns zu erzählen hatten.

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Und noch ein glücklicher Zufall führte mich gleich am nächsten Tag wieder Richtung Boulder, ins Boulder Reservoir, ein fast 3000 qm großer Stausee, der von der Stadt Boulder als Wasserversorgung betrieben und als Freizeitpark genutzt wird. Dort fand unser Firmen-Sommerfest satt.

Bei erbarmungslosen 40 Grad und fast wolkenfreiem Himmel bedauerte ich es sehr, meine Badesachen nicht mitgenommen zu haben. Aber immerhin hatte ich mich nicht zum Volleyball-Turnier angemeldet.

Das wenigstens war sehr weise gewesen.

Mich zog es also (wen wundert’s?) ans Ufer des Sees.

Dort planschte ich mit den Füssen im kühlen Wasser, schaute den Freizeit-Paddlern bei ihren Paddelübungen zu und wusste plötzlich, was ich in Colorado vermissen würde:

den Wind, die Wellen und das Meer.

Coronado Ferry Landing und 1,7 Meilen bis zum Pazifik

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Endlich Wochenende! Endlich Zeit für mein ganz persönliches Highlight in San Diego, die Halbinsel Coronado, hinter der der Pazifik wartet. Glaubt man den diversen Reiseführern, so ist Coronado für sein viktorianisches Hotel und seinen traumhaften Strand bekannt. Genau da möchte ich hin.

Wer bei seinem San Diego Besuch motorisiert ist, sollte die „Bay-Bridge“ nach Coronado nehmen. Von dort oben soll man einen fantastischen Ausblick über die Bucht haben. Ich bin nicht motorisiert und nehme die Fähre.

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Vom „Coronado Ferry Landing“ sind es 1,7 Meilen bis zum Weststrand der Insel. Auf der kleinen Karte in meinem Reiseführer sind das nur bummelige 5 cm, immer die „Orange Ave“ entlang. Das kurze Stückchen laufe ich.

Hinter mir säumt die Skyline von San Diego den Horizont, vor mir haben die Palmen den Himmel für sich allein.

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Es ist erst kurz nach elf und das Thermometer kratzt bereits wieder an den 40 Grad, schwüle, schweißtreibende Luft, schattenlos.

Meine Wasserflasche ist schon an der Kreuzung „4th Street“ halb leer, bis zur „10th Street“ muss ich noch. Die 5 cm werden lang und anstrengend. Wie rechnet man eigentlich Meilen um?

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Aber dann bleibt nur noch ein letzter Schlenker um den „Star-Park“ und ich sehe ihn, den Pazifik. Dunkelblau liegt er in der gleissenden Sonne, rote Sonnenschirme flattern im frischen Wind.

Der Wind treibt feinsten, hellen Sand über den breiten Strand, ich verbrenne mir beinah die Fußsohlen. Schnell die Schuhe wieder an.

Der Coronado Strand erstreckt sich über knapp zweieinhalb Kilometer und soll zu den schönsten Sandstränden Kaliforniens gehören.

Die Pazifik-Wellen brechen sich fast türkis leuchtend bevor sie auf dem seicht ansteigenden Strand lang auslaufen. Der feuchte Sand glitzert golden, das Wasser ist kalt und herrlich erfrischend.

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Etwas weiter südlich beginnt ein kurzer felsiger Abschnitt. Dahinter erstreckt sich der „Silver Strand“ auf einer langen, schmalen Landzunge bis zum „San Diego National Wildlife Refuge“.

Ich setze mich bei den Felsen. Lasse mich von der Sonne trocknen und schaue den Wellen zu, wie sie zwischen den Steinbrocken in die Höhe spritzen. Stundenlang könnte ich diesem Naturschauspiel folgen – wenn da nicht noch was gewesen wäre: meine Trinkflasche ist leer.

Es sind nur ein paar Schritte über den immer noch glühenden Sand bis zum  „del Coronado“. Das imposante Luxus-Hotel wurde im Jahr 1888 ganz aus Holz im viktorianischen Stil erbaut. Dort gibt es sicher ein kühles „Draft“-Bier.

Das “Del”, wie es auch liebevoll genannt wird, hat in seiner 130-jährigen Geschichte schon viel erlebt. Thomas Edison soll vor der Eröffnung höchstpersönlich die erste Glühbirne eingeschraubt haben.

Charles Lindbergh wurde hier nach seinem Transatlantikflug geehrt, hier drehte Marilyn Monroe Ihren legendären Film „Manche mögen’s heiß“, Prince Edward hat 1920 im „Del“ (wenn auch nur Gerüchten zufolge) Wallis Simpson kennengelernt (und somit die englische Krone verspielt), in Zimmer 304 spukt es und ich genieße auf der Sonnenterasse den Blick auf den pazifischen Ozean.

Es fällt nicht schwer sich vorzustellen, wie mondän ein Bade-Aufenthalt hier einst gewesen sein muss.

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Zurück laufe ich noch einmal ein Stück am Strand entlang, kühle meine Füße ein letztes Mal im Pazifik, entscheide mich diesmal für den kostenlosen (!) Bus zum Ferry Landing und nehme den Gedanken mit, dass man für‘s Meer nie zu alt werden kann. Wie schön.

San Diego, California – typisch amerikanisch und ein bisschen mehr

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“Taxi?” poltert es mehr fordernd als fragend aus der prallen, schwarz glänzenden Uniform. Ein Arm weist mich befehlerisch zu dem Metallaufsteller mit der abgefallenen Nummer drei, der andere Arm dirigiert die ankommenden Taxis wild ruderned an die einzelnen Warteplätze.

Reichlich erschöpft und nun auch genervt schiebe ich meinen Koffer nach einem 12 Stunden Flug den Bordstein entlang und warte zwischen Warteplatz zwei und Warteplatz vier auf mein Taxi. Widerstand wäre zwecklos. Willkommen in den USA.

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Ein Woche Kalifornien, dann eine Woche Colorado, eine Arbeitsreise, kein Urlaubs-Spaß. Zwei Wochen lang soll mir nun, mehr oder weniger geduldig wartend, mein Platz von den verschiedensten Uniformen zugewiesen werden.

Im Hotel, im Restaurant, im Coffee-Shop, an der roten Ampel, vor der Fähre. Im Land der großen Freiheit. Bin ich empfindlich? Als freiheitsliebende Wahl-Dithmarscherin befremdet mich das schon etwas.

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Auch auf Dienstreisen wurden Feierabend und Wochenende noch nicht abgeschafft, nicht mal im geschäftigen Amerika, und so bleibt mir genügend freie Zeit, um die Stadt ein wenig kennenzulernen.

In San Diego, der südlichsten Hafen-Metropole Kaliforniens, spielt sich ein Großteil des Lebens an der Hafenpromenade ab. Hier wird gejoggt, gebummelt, der Hund ausgeführt.

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Vorbei an Yachten, deren Preis man sich kaum vorzustellen vermag, am Fischereihafen „Tuna Harbor“ , der „Navi Peer“ bis hoch zur „Broadway Pier“.

Immer mit Blick auf die im Sonnenlicht glitzernde San Diego Bay, auf Segler, Boote, Yachten und die Halbinsel Coronado, hinter der die Sonne im Pazifik untergehen wird.

Landseitig ist der Weg gesäumt vom San Diego Convention Center (mein Dienstort für diese Woche), von Hotelnamen, die sehr exklusiv und teuer klingen: Hilton, Marriott, Hyatt, und schließlich dem „Seaport Village“, das im Schatten der Hoteltürme aus der Zeit gefallen scheint.

Das Village wurde im Stile eines alten mexikanischen Fischerdorfs gestaltet, hier finden sich eher kleine Läden und urige Restaurants. Hier geht man Fisch essen. Hier spürt man mexikanische Leichtigkeit.

Auf der südkalifornischen Speisekarte liest es sich herrlich maritim und die Küche ist vom nahen Mexiko stark beeinflusst. Serviert werden neben Hühnchen vor allem Fisch und Garnelen, dazu Beilagen wie Bohnen, Avocados, Chilis und Tomaten.

Und natürlich Tortillas. Ich habe schon schlechter gespeist, meine amerikanischen Kollegen sagen „the food is excellent“.

Dank Jet-Lack ist es mir sogar gelungen, morgens die aufgehende Sonne zu begrüßen und vor dem (Starbucks-)Frühstück eine Runde am Wasser zu drehen.

Mit allen anderen Frühaufstehern, die, einen To-Go Becher in der einen und ihr „mobile phone“  in der anderen Hand, den neuen Tag beginnen.

Sich für ein Getränk in Ruhe irgendwo hinzusetzen, scheint in Amerika pure Zeitverschwendung.

Ich habe es mir aber nicht nehmen lassen, jeden Morgen ein Viertelstündchen meiner Zeit mit einem etwas plürrigen acht Dollar Kaffee im Porzellan-Becher auf der Hotelterrasse zu verschwenden und die morgendliche frische, kühle Luft zu genießen.

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Coronado ist so früh am Tag von feuchtem Pazifik-Dunst umhüllt, die ersten Boote ziehen auf der noch tief-dunklen Bay ihre Bahnen und ich schaue ihnen hingerissen hinterher.

Kann ein Arbeitstag schöner beginnen?