Novembernebel und eiskalter Süd-Ostwind – man könnte sich auch eine sanftere Jahreszeit aussuchen, um von Nordstrand aus durch’s Watt Richtung Südfall zu laufen. Man könnte…
Aber was hilft am besten gegen den November-Blues? Sich ordentlich dick einpacken und durchpusten lassen! Im eisigen, grauen Watt.
Ich nehme es gleich mal vorweg, die sieben Kilometer nach Südfall habe ich nicht geschafft, denn man muss ja auch wieder zurück, denn man darf die Hallig ohne genehmigte Führung sowieso nicht betreten und zugegeben, weil es auch einfach viel zu kalt war!
Die kleine Hallig Südfall vor Nordstrand steht seit 1959 unter Naturschutz und gehört zur Schutzzone 1 des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Auf der einzigen Warft leben zwei Personen von März bis November und kümmern sich um die Vogelschutzstation und die SAR-Wache.
Von Westen auf Nordstrand aus kann man Südfall zu Fuß übers Watt erreichen.
Der Weg ist mit Holzpfählen markiert und scheint (jedenfalls im November-Dunst) ins Nirgendwo zu führen. Einfach immer geradeaus – dem Horizont entgegen und noch ein Stückchen weiter. Unnötig zu erwähnen, dass man an solchen Tagen im Watt alleine bleibt.
Ohne die Pfähle hätte ich mich gar nicht so weit hinaus getraut. Zu unwirtlich wirkte dieses Grau-in-Grau.
Die Pfähle erden, geben Orientierung, weisen die Richtung, aber sie weisen nicht den Weg. Wie weit bin ich schon? Wie weit muss ich noch? Es blieb im Verborgenen.
Auch die Sonne blieb weitestgehend im Verborgenen. Nur ab und an fand sie eine winzige Wolkenlücke und schickte ihre milchig-gelben Strahlen zu mir hinunter.
Mangel macht ehrfürchtig – jedes Mal blieb ich stehen und streckte mein Gesicht in den Himmel; mit der unerschütterlichen Einbildung, die Wärme auf meinen eiskalten Wangen spüren zu können.
Langsam sank die Sonne tiefer, kündigte das frühe Ende eines Novembertages an. Es wurde Zeit für den Rückweg. Südfall war nicht in Sicht.
Am Abend zuvor hatte ich mich jedoch vergewissern können: irgendwo da draussen lag Südfall –
vor einem grandiosen Abendhimmel erhob sich die Warft aus dem blau-schimmernden Meer.
Gruselig!
Als Kind musste ich ein Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff lernen: Oh schaurig ist’s über’s Moor zu gehn.
Mir fehlte damals jedes Verständnis für das wunderbare Gedicht, denn Moore und die darin beschriebenen Naturphänomene gibt es hier nicht.
Aber hierzu fällt mir dann ein:
Oh schaurig ist’s über’s Watt zu gehn.
Nee, Watt im Nebel würde ich mich echt nicht trauen.
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Oh ja, ins Watt bei Nebel sollte man sich auch nicht trauen! Das kann gefährlich werden – wenn man die Orientierung verliert. Aber so von Pfahl zu Pfahl, im Dunst, das ging – auch wenn’s tatsächlich etwa schaurig (schaurig-schön!) war… 😉
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„Mangel macht ehrfürchtig“ … das werd ich mir merken! 😉
Ganz schön mutig, aber eben wohl auch gut informiert. Das ist wohl der kleine Unterschied…
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Ja, das tut es! Eine Packung Schokolade, per Luftpost nach Afrika geschickt, kann Wochen halten. Da gibt es nur ein Stück jeden Sonntag zum Kaffee. Das hatte ich tatsächlich geschafft. Hier und heute ist die gleiche Menge in 20 Minuten Geschichte und es war nicht annähernd so genussreich!
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Na, bei mir hält eine Tafel Schokolade auch ziemlich lange. Die kann auch schon mal ein halbes Jahr im Kühlschrank vergessen werden. Aber ja, Mangel macht ehrfürchtig. Um das zu verstehen, muss man sich nur mal in Weltgegenden aufgehalten haben, in denen es nicht Auswahl im Überfluss gibt. Entweder, Du isst Tajine mit Hammel, oder trockenes Fladenbrot oder nichts. Wäre für manches Mitglied unserer Überflussgesellschaft eine lehrreiche Erfahrung.
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sehr stimmungsvoll Deine Fotos! Wunderschön 🙂
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Das freut mich. Ich danke Dir!
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Wow, ist das schön! Schön surreal. Schaurig-schön. Einfach schön. Eine Wattwanderung im November habe ich tatsächlich noch nie gemacht. Ein herzliches Dankeschön für die Anregung und die herrlichen Bilder!
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Gern, liebe Maren. Es freut mich unheimlich, dass ich die schaurig-schöne Stimmung mit meinen Bildern tatsächlich einfangen konnte.
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Bei Deinen Bilder macht sogar das Grauingrau Spass! Toll!!!
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Wunderbar – so soll es sein 😉
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Fantastisch! Gefällt mir sehr.
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Danke, Helmuth. Das freut mich jetzt aber mal ganz besonders!
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Tolle Bilder !
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Dankeschön!
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Eigentlich ist es ja gut, dass es die Pfähle überhaupt gibt – ein bisschen Orientierung kann ja nicht schaden im Watt 😉. Danke für den schönen Bericht, liebe Ulrike. Dein Foto vom Abendhimmel ist absolute Spitze.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!
Martina
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Freut mich, liebe Martina, dass Dir mein Abendhimmel-Foto gefällt. Ich tippe mal, dass die Pfähle den Weg für die Kutschfahrten markieren, denn man kann im Sommer auch mit der Pferde-Kutsche nach Südfall. Liebe Grüße und eine schöne Woche, Ulrike
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Von Westen nach Süd(fall) in 7 km. Nordstrand ist echt so cool. (Zumal man ja hinterher bei einem Pharisäer wieder warm wird.) Ich glaub, Du bist jetzt auch im Herbst angekommen, oder? Ist ein bisschen wie Baden, finde ich. Wenn man sich erst mal überwunden hat, wirds gut. Schönes Wochenende, Stefanie
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Danke Stephanie. Genialer Vergleich – ein bisschen wie Baden – das habe ich noch nie so gesehen, stimmt aber und wird mich in Zukunft bestimmt öfter motivieren! Und ja, ich bin jetzt tatsachlich im Herbst angekommen, aber nächstes Wochenende ist der erste Advent… Irgendwie hänge ich dieses Jahr total hinterher. Eine schöne Woche Dir, Ulrike
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Sooo tolle Bilder 😃 Habe jetzt „Heimweh“ nach euch und der Küste. LG, einen schönen 1. Advent und bis bald, Marina 😘
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Ja hallo Marina! Das ist ja mal eine Überraschung, freut mich. Oh je, Heimweh, aber es sind ja „nur“ noch sieben Monate… Euch auch einen schönen 1. Advent – ich hab‘ noch null Deko 😦 Liebe Grüße, Ulli
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Ich entdecke mit Freuden deinen Blog. Ich träume davon, die schöne Nordseeregion zu entdecken – diesen Teil von Deutschland kenne ich nicht, und das ist sehr schade. Ich weiss, dass es mir hier gefallen wird!
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Das freut mich sehr. Herzlich willkommen im Norden!
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