Zwölf Tage und ein Weihnachtsgeschenk

2008 046

Nun haben wir schon den zweiten Advent hinter uns, das zweite Licht hat schon gebrannt und die Tage bis zum Fest fangen an zu fliegen.

Unsere lokale Zeitung hat jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit oben rechts auf der Titelseite einen kleinen Weihnachtsmann abgebildet. Er verkündet freudig, wie viele Tage es noch sind bis Weihnachten.

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Ich weiß nicht, was die Redaktion ihren Lesern damit sagen will. Will sie uns in stetig wachsende Vorfreude versetzen oder uns mit den immer weniger verbleibenden Tagen stressen? Ich jedenfalls hab‘ diesen täglichen Count-down noch nie gemocht.

Noch zwölf Tage und dann muss alles perfekt sein. Der Baum und das Menü stehen, die Geschenke verpackt sein und die Stimmung besinnlich. Und bitte keine Panik, das lässt sich alles noch locker schaffen.

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Aber es geht auch ganz anders. Wir haben gerade Gäste, ein bezauberndes Pärchen aus dem Süden der Republik, aus einer Gegend, in der schon der erste Schnee lag.

„Ach wie schön, da möchte man Weihnachten verbringen“, denkt ihr jetzt vielleicht. Aber was machen die Zwei? Sie kommen tatsächlich den ganzen Dezember zu uns hier hoch an die Nordsee.

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Sie kommen ganz ohne Baum, Menü, Geschenke und Besinnlichkeit. Dafür aber mit so viel Vergnügen an Wetter, Wellen und Weite. Jeden Tag sind sie unterwegs und genießen die leeren Strände, den kalten Wind und die jetzt noch kargere Landschaft.

Wenn sie gegen Abend „nach Hause“ kommen, mit roten Wangen und leuchtenden Augen, dann sieht man ihnen die Freude an.

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Ihre Kinder sind schon lange aus dem Haus, auch die Enkel haben bereits andere Weihnachtspläne und die beiden Rentner entschieden sich für ihr eigenes, ganz persönliches Festtagsgeschenk.

Sie lieben die Nordsee und erfüllen sich einen schon so lange geträumten Traum: einmal den Winter hier oben verleben.

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Sie erwarten kein Winterwunderland, sie kamen mit ganz realistischen Vorstellungen von der Nordsee zu dieser Jahreszeit. Sie wissen, unser Winter ist nicht schnee-romantisch. Sie wissen, er ist rau, er ist kalt und er kann unbarmherzig sein.

Und Sie wissen, Sturm und Regen gehören dazu.

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Sie sind glücklich und dankbar, dass Sie nach einem arbeitsreichen Leben ein annehmbares Auskommen haben und dass sie noch immer so gut laufen können. Sie bummeln nicht über die Weihnachtsmärkte oder durch die weihnachtlich glitzernden Einkaufspassagen.

Ihr tägliches Ziel ist der Weg durch die Natur. Stundenlang erlaufen sie sich die spröde Schönheit unserer einsamen, grauen Landschaft.

Sie werden auch den Gänsebraten nicht vermissen, sie freuen sich auf Marsch-Kartoffeln und Matjes.

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Sie geben zu, dass es Ihnen in den ersten Tagen noch recht ungewohnt war, nach dem Frühstück keine wartenden Verpflichtungen zu haben. Aber sie sagen auch, dass es Ihnen mit jedem Tag ein wenig leichter fällt, nichts zu müssen sondern einfach nur zu sein.

Es sind noch zwölf Tage bis Weihnachten, und wenn Ihnen das nicht reicht, um ganz anzukommen, dann macht das auch nichts. Sie bleiben ja noch den ganzen Januar.

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Auch Euch wünsche ich eine entspannte Adventszeit, schöne Festtage und macht Euch keinen Stress. Nicht jedes Weihnachtsgeschenk braucht Glanzpapier und Schleifenband.

24 Gedanken zu “Zwölf Tage und ein Weihnachtsgeschenk

    1. Ja, da sagst Du was. Ich habe auch immer mal gerne Weihnachten verweigert. Einmal kletterte ich mit einem Pärchen auf einem costaricanischen Vulkan herum und da sagte der mann: „Eigentlich müssten wir jetzt unterm Baum sitzen und fressen.“

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  1. Es gibt viele Weihnachtsflüchter. Aber zwei ganze Monate an der deutschen Nordseeküste zu verbringen (und nicht etwa klassisch dort, wo es warm ist), das ist schon wirklich außergewöhnlich.
    Liebe Grüße
    Christiane

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  2. Für mich ist die Nordseeküste auch dann am schönsten , wenn sie sich von einer Seite zeigt die viele Menschen nicht mögen. Wenn Kälte und Wind mir eine rote Nase macht und die Strände fast menschenleere sind. Wenn ich einen Vogel beobachten kann, der im Rummel des Sommer das Weite sucht. Wie gut das wir Menschen so unterschiedlich sind und jeder für sich das Seine sucht. Auf diese Weise kommt jeder zu dem, was ihm am besten gefällt.
    LG Werner

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      1. Da ich Wohnmobilist bin, fahre ich oft in der kalten Jahreszeit nach Fedderwadersiel, auf den dortigen Stellplatz . Häufig stehe ich völlig allein dort, was im Sommer ganz anders ist. Die Nordsee habe ich dann fast für mich allein, obwohl tausende von Wintergäste dort sind. Es sind Vögel, die den Winter hier als Gäste verbringen.

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  3. Liebe Ulrike, ein sehr schöner Beitrag über Weihnachten und Dankbarkeit. Beneidenswert, wie die beiden an die Dinge heran gehen und auch wenn ein bisschen Glitzer zu Weihnachten ganz schön ist, sollte man sich nicht überrollen lassen von Konsum und dem Perfektionismus, der auf jedem Hochglanzmagazin vorgelebt wird. Jeder hat das Recht auf sein ganz persönliches, eigenes Weihnachten so wie er es mag. Da reicht dann auch Packpapier und Kartoffelsalat statt des perfekt dekorierten Tisches mit 3-Gänge-Menu. Matjes finde ich übrigens auch sehr lecker. Wünsche dir, deiner Familie und deinen Gästen noch eine besinnliche Adventszeit und lege die Zeitung mit dem Countdown einfach beiseite 🙂 Liebe Adventsgrüße Undine

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    1. Liebe Undine, klar, ein wenig Glitzer gehört dazu. Aber wie Du schon sagst, es muss nicht hochglanzmagazinmässig ausarten. Bei meiner Großmutter gab es an Heilig Abend immer Kartoffelsalat und Würstchen (sie hatte einen Laden und meinst am 24sten noch bis Mittag auf, da war keine Zeit für 3 Gänge). Wir Kinder haben es geliebt, und die Spiele nach der Bescherung auch. Kindheitserinnerungen sind an Weihnachten sowieso fast das schönste! Dir und Deiner Familie wünsche ich auch ruhige Tage vor dem Fest. LG Ulrike

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  4. Ja, du machst die beste Werbung mit deinen zauberhaften Fotos! Dass auch so die Weihanchtszeit verbracht werden kann und so viel Zeit mitgebracht wird, finde ich ansteckend und Klasse! Hm und oft bein Heimkommen Kakao mit Rum und Sahne 😀

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  5. Mit dem ganzen Weihnachtsstreß kann ich auch nichts anfangen. Ich finde Eure Gäste entkommen dem ganzen Rummel auf ganz wunderbare Weise.
    Ich hoffe, daß auch Du Dir keinen Streß machst, liebe Ulrike. Die entspannte Einstellung der Hausgäste färbt hoffentlich etwas ab. Ich wünsche Euch noch schöne Dezembertage.
    Herzlichst,
    Tanja

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    1. Liebe Tanja, die färbt aber auch so was von ab! Ich habe meine Weihnachts-to-do-liste schon kräftig zusammengestrichen. Da stehen nur noch ein paar Herzenssachen drauf und die werden mit Freude erledigt 🙂 Liebe, entspannte Grüsse, Ulrike

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  6. 2 Wintermonate in Dithmarschen. Das finde ich ja wirklich spannend! Und mutig. Und eine ganz tolle Vorstellung. Danke für´s Berichten – und die großartigen Fotos.

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