San Diego, California – typisch amerikanisch und ein bisschen mehr

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“Taxi?” poltert es mehr fordernd als fragend aus der prallen, schwarz glänzenden Uniform. Ein Arm weist mich befehlerisch zu dem Metallaufsteller mit der abgefallenen Nummer drei, der andere Arm dirigiert die ankommenden Taxis wild ruderned an die einzelnen Warteplätze.

Reichlich erschöpft und nun auch genervt schiebe ich meinen Koffer nach einem 12 Stunden Flug den Bordstein entlang und warte zwischen Warteplatz zwei und Warteplatz vier auf mein Taxi. Widerstand wäre zwecklos. Willkommen in den USA.

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Ein Woche Kalifornien, dann eine Woche Colorado, eine Arbeitsreise, kein Urlaubs-Spaß. Zwei Wochen lang soll mir nun, mehr oder weniger geduldig wartend, mein Platz von den verschiedensten Uniformen zugewiesen werden.

Im Hotel, im Restaurant, im Coffee-Shop, an der roten Ampel, vor der Fähre. Im Land der großen Freiheit. Bin ich empfindlich? Als freiheitsliebende Wahl-Dithmarscherin befremdet mich das schon etwas.

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Auch auf Dienstreisen wurden Feierabend und Wochenende noch nicht abgeschafft, nicht mal im geschäftigen Amerika, und so bleibt mir genügend freie Zeit, um die Stadt ein wenig kennenzulernen.

In San Diego, der südlichsten Hafen-Metropole Kaliforniens, spielt sich ein Großteil des Lebens an der Hafenpromenade ab. Hier wird gejoggt, gebummelt, der Hund ausgeführt.

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Vorbei an Yachten, deren Preis man sich kaum vorzustellen vermag, am Fischereihafen „Tuna Harbor“ , der „Navi Peer“ bis hoch zur „Broadway Pier“.

Immer mit Blick auf die im Sonnenlicht glitzernde San Diego Bay, auf Segler, Boote, Yachten und die Halbinsel Coronado, hinter der die Sonne im Pazifik untergehen wird.

Landseitig ist der Weg gesäumt vom San Diego Convention Center (mein Dienstort für diese Woche), von Hotelnamen, die sehr exklusiv und teuer klingen: Hilton, Marriott, Hyatt, und schließlich dem „Seaport Village“, das im Schatten der Hoteltürme aus der Zeit gefallen scheint.

Das Village wurde im Stile eines alten mexikanischen Fischerdorfs gestaltet, hier finden sich eher kleine Läden und urige Restaurants. Hier geht man Fisch essen. Hier spürt man mexikanische Leichtigkeit.

Auf der südkalifornischen Speisekarte liest es sich herrlich maritim und die Küche ist vom nahen Mexiko stark beeinflusst. Serviert werden neben Hühnchen vor allem Fisch und Garnelen, dazu Beilagen wie Bohnen, Avocados, Chilis und Tomaten.

Und natürlich Tortillas. Ich habe schon schlechter gespeist, meine amerikanischen Kollegen sagen „the food is excellent“.

Dank Jet-Lack ist es mir sogar gelungen, morgens die aufgehende Sonne zu begrüßen und vor dem (Starbucks-)Frühstück eine Runde am Wasser zu drehen.

Mit allen anderen Frühaufstehern, die, einen To-Go Becher in der einen und ihr „mobile phone“  in der anderen Hand, den neuen Tag beginnen.

Sich für ein Getränk in Ruhe irgendwo hinzusetzen, scheint in Amerika pure Zeitverschwendung.

Ich habe es mir aber nicht nehmen lassen, jeden Morgen ein Viertelstündchen meiner Zeit mit einem etwas plürrigen acht Dollar Kaffee im Porzellan-Becher auf der Hotelterrasse zu verschwenden und die morgendliche frische, kühle Luft zu genießen.

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Coronado ist so früh am Tag von feuchtem Pazifik-Dunst umhüllt, die ersten Boote ziehen auf der noch tief-dunklen Bay ihre Bahnen und ich schaue ihnen hingerissen hinterher.

Kann ein Arbeitstag schöner beginnen?

26 Gedanken zu “San Diego, California – typisch amerikanisch und ein bisschen mehr

    1. Na klar, das hat es. Du hättest mal meine sehnsuchtsvollen Blicke sehen sollen. Und ich bin zwar nicht über den Pazifik geglitten, aber drin gebadet habe ich schon. 🙂 Alles liebe nach Colorado, Ulrike

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      1. Ja, ich habe gerade zu meiner Kollegin gesagt, dass ich jetzt mal endlich wieder in mein Bloggerleben einsteigen möchte, aber mein erster Beitrag soll über London werden und das wird ein Mamutbeitrag, daher braucht es etwas Zeit. 🙂 LG Undine

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  1. Das schlechteste Frühstück meines Lebens hatte ich in einem Hotel in San Diego. Inclusive einem Haufen Plastikmüll. Dünner Kaffee im Styroporbecher, in Plastik verpacktes Plastikbesteck, in Plastik verpackte Cereals, in Plastik verpackte labbrige Toastbrotscheiben.
    Kaum hatten wir die mexikanische Grenze passiert, sind wir erstmal frühstücken gegangen.

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    1. Ja, mit leckerem (bezahlbarem) Frühstück haben sie es nicht so (im Hilton gab’s ein Frühstücks-Büffet, das keine Wünsche offen ließ, aber die 38 Dollar habe ich mir nur einmal gegönnt) und die Menge an Plastik-Müll, die man dort so täglich produziert ist schon enorm und besorgniserregend.

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  2. Es bereitet Freude, deinen Text zu lesen! Du beschreibst deine Erlebnisse sehr lebendig und sprachgewandt! Und tolle Fotos hast du wieder mitgebracht! Ja, manchmal bekommt man in USA einen richtigen Kulturschock ,) Mir ist das einmal so gegangen. Schön, dass du wieder dabei bist! Herzlich, Petra

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    1. Liebe Petra, das freut mich sehr. 🙂

      Meine letzte USA Reise liegt schon 14 Jahre zurück. Da hatten wir unser Büro noch in Silicon Valley, mit San Francisco vor der Tür. 🙂 Ich kann mich nicht daran erinnern, dass damals schon so viel „geregelt“ und „to-go“ verkauft wurde. Aber vielleicht verblassen solche Eindrücke im Laufe der Jahre einfach. Diesmal fiel es mir extrem auf. Mit so viel regelndem Personal hätten wir hier bei uns locker Vollbeschäftigung. 😉 Ganz liebe Grüße, Ulrike

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  3. Mein Skipper würde jetzt sagen: 8 Dollar für einen plörrigen Kaffee? Dann ist er aber auch wirklich bezahlt!! 😉 Tja, wenn eine (r) eine Reise tut, dann kann er was erleben… Zum Glück gibt’s bei Dir im Watt keine Uniformierten, die Dir vorgeben, was Du zu tun hast. Trotzdem ist ein gelegentlicher Tapetenwechsel schön, denn anschließend sieht man sein Zuhause wieder mit ganz anderen Augen und weiß, was man hat – findest Du nicht?

    Liebe Grüße, Martina ⛵️☀️

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    1. Liebe Martina, da muss ich jetzt mal herzhaft lachen! „…aber auch wirklich bezahlt“ – das ist gut! Den merke ich mir. Mein „Skipper“ sagt immer: „wenn das nicht reichen würde, würden Sie mehr nehmen.“ Und ja, nach jeder Reise finde ich es schön, wieder nach Hause zu kommen. Das fängt schon bei der Landung auf dem Flughafen Hamburg an. Da fühle ich mich schlagartig gut! Und wenn ich dann Hamburg hinter mir lasse und auf der A23 das weite, platte Land sehe, dann bin ich wieder zuhause. Ganz liebe Grüße, Ulrike

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    1. Ja, dafür ist USA bekannt, für den dünnen Kaffee. 😉 San Diego lohnt sich aber (ist vielleicht noch nicht so rübergekommen), vor allem die Halbinsel Coronado, von der ich als nächstes berichten werde. LG Ulrike

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  4. Aaaah, da warst Du also. Das ist ja spannend. Von Europa aus kann man sich ja gar nicht vorstellen, dass das Leben trotz Trump da ganz normal weitergeht. Aber wahrscheinlich ist es so, oder?

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    1. Moin Stefanie, ja, das ist tatsächlich genau die erstaunliche Erkenntnis, die ich mit nachhause gebracht habe. Das Leben geht einfach ganz normal weiter, sogar unter Trump. Hab‘ ne gute Woche, Ulrike

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